Wann war Ihre Einschulung und wie verlief sie?
Ich wurde am 1.April 1940 in die Ritterschule in Hamburg Eilbek eingeschult. Dort wohnten wir auch. Wir wurden in die Klasse geführt, da gab es nur Lehrerinnen. Denn die Lehrer waren an der Kriegsfront. Die Lehrerin stellte sich vor und wir konnten uns einen Platz in der Klasse suchen, wir waren etwa dreißig Schüler. Ich hatte also einen fröhlichen Tag, der zwei Stunden dauerte. Zwischendurch gab es eine Pause, in der man etwas aß, das wir in der Brottasche von zu Hause mitgebracht hatten und wir spielten auf dem Schulhof. Wir waren nur Jungen, denn früher gab es keine gemischten Schulen.
Welche Unterrichtsmaterialien hatten Sie?
Wir bekamen eine Schiefertafel und einen Schiefergriffel, mit dem mussten wir die Schiefertafel beschriften. Wir mussten in Schönschrift schreiben, die sich Sütterlin nennt, diese kennt man heute kaum noch.
Welche Schulfächer wurden unterrichtet?
Es gab die Fächer Lesen, Malen, Schönschrift und Rechnen.
Was wurde besonders in der Schule beachtet?
Es wurden Pünktlichkeit, Ordnung und Fleiß beachtet.
Gab es auch schulische Veranstaltungen, die nicht in der Schule stattfanden?
Wir machten auch mal einen Ausflug mit der S-Bahn. Wir fuhren in den Stadtpark, das war etwas ganz Besonderes für uns, dies war noch in den ersten Tagen an der Schule. Der Unterricht wurde in dieser Zeit noch nicht unterbrochen von einem Alarm oder Sirenen.
Gab es Veranstaltungen oder Feste an Ihrer Schule?
Ich erinnere mich noch an ein Ereignis, und zwar in meiner ersten Schule. Zwanzig Tage nach meiner Einschulung, am 20.April 1940, bekamen wir die Aufforderung, uns auf dem Schulhof zu versammeln. Dort mussten wir uns klassenweise aufstellen, das nannte man damals antreten. Uns wurde ein Text zum Horst Wessel Lied gegeben. Dieser beginnt mit der Zeile: „Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen.“ Während wir dieses Lied sangen, wurde die Hakenkreuzflagge ganz langsam hochgezogen. Ich war total überrascht und wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Hinterher war schulfrei. Zu Hause erfuhr ich, dass wir Schüler auf dem Schulhof den Geburtstag von Adolf Hitler gefeiert haben.
Haben Sie damals schon etwas von den folgenden Ereignissen gewusst?
Ich spürte schon länger eine gewisse Unruhe in der Bevölkerung, allerdings konnte ich diese noch nicht einordnen, denn ich wuchs sehr behütet auf und man sprach weder zu Hause noch in der Schule mit uns Kindern über die aufkommenden Ereignisse.
Wie verlief für Sie die Zeit nach ihrer Einschulung?
Es vergingen zwei Jahre auf dieser Schule. 1943 näherte sich die schlechtere Zeit für Hamburg. Mein Elternhaus wurde vernichtet und wir mussten ausweichen auf das Land. Dies hatten wir glücklicherweise schon vorher erreicht, denn es waren Schulferien und somit wurde mein Elternhaus ohne Bewohner vernichtet. Da wir nicht wieder zurückkonnten, mussten wir auf dem Land bleiben. Nach den Ferien wurde ich dort eingeschult in eine Volksschule.
Wie war es in dieser Schule?
Dort herrschten ganz andere Sitten. Einer der Schüler musste morgens um acht Uhr an der Tür stehen, und wenn der Lehrer kam, rief er: „ACHTUNG!“ Wir sprangen alle auf von unseren Sitzen. Wir mussten mucksmäuschenstill sein. Der Lehrer kam rein und dann riefen wir: „Heil Hitler, Herr…“. Für uns hieß es danach nur: „SETZEN!“. Der Lehrer hatte schon beim morgendlichen Betreten des Klassenzimmers seinen Rohrstock dabei, und wer nicht parierte, kriegte schon mal eins mit dem Rohrstock auf die Finger.
Gab es noch andere Demütigungen von den Lehrern gegenüber den Schülern?
Immer wenn jemand nicht gehorchte, gab es eine Strafe. Der Betroffene musste zum Direktor gehen und sich einen Rohrstock geben lassen. Er kam wieder in die Klasse und musste sich gebückt vor die Schüler stellen. Dann bekam er drei Schläge auf das Hinterteil. Diese Schläge waren so hart, dass man noch eine Woche später die Striemen sehen konnte. Dies weiß ich so genau, weil ich auch mal ein paar Schläge abbekam. Eine andere Strafe waren die Schläge mit dem Lineal auf die Finger.
Wie waren für Sie die folgenden Jahre?
Wir wollten wieder vom Land zurück in die Stadt. Dies war schwer, denn es gab keine Wohnungen mehr, aber wir konnten irgendwann eine Wohnung in Bergedorf untermieten. Diese bestand für uns allerdings nur aus zwei Zimmern und der Küchennutzung. Mein Vater war in der Schreibstube beim Militär angestellt. Da sein Weg zur Arbeit somit nicht mehr so weit war, war es gut, dass wir in Bergedorf unterkommen konnten. Diese Zeit war schon sehr geprägt von Bombenangriffen. Dies bekam ich auch in der Schule mit. Denn der Unterricht wurde oft unterbrochen durch Kriegsalarm. Es gab zudem wenig Heizmaterial. Wir hatten somit an verschiedenen Schulen Unterricht, je nachdem wo gerade die Heizung funktionierte. So kam es, dass wir sogar mal auf dem Boden von dem Textilkaufhaus Penndorf unterrichtet wurden. Wir mussten unsere Stühle von der Schule dorthin tragen. Dies war eine schlimme Zeit, was die Schule betraf. Es hatten alle Kinder sehr hohe Defizite.
Gab es Beeinflussungen der Kinder durch die Schule?
Die Beeinflussungen der Kinder begannen mit dem zehnten Lebensjahr. Denn mit zehn Jahren war man verpflichtet, in die Hitlerjugend einzutreten. Das war bei mir genauso. Alle Eltern mussten ihre Kinder anmelden. Ich kam am 1.April 1944 dazu. Mindestens einmal die Woche war Dienst. Wir mussten Marschlieder lernen oder ausrücken zum Kartoffelkäfer Sammeln oder andere Arbeiten erledigen, die gut von Kindern gemacht werden konnten. Außerdem machten wir Geländespiele, diese waren aber eher wüste Schlägereien.
Man unterliegt diesen Werbungen ja irgendwie schon. In der Fernsehwerbung wurde gezeigt, was man alles damit machen kann und dass man die Freiheit hat, überall telefonieren zu können.
Bilder, die man am liebsten vergessen und Ereignisse, die am liebsten verdrängen würde. Obwohl es schon 72 Jahre her ist, sind die Erinnerungen immer noch so präsent als wäre es erst gestern gewesen. Eine Kindheit die aus Flucht, Angst, Bomben, Gewalt und unzähligen Toten besteht. Doch was sind die prägenden Ereignisse, die man, wie damals durch Kinderaugen, auch noch nach so vielen Jahren vor sich sieht?
Die Situation in den Arbeiterwohnquartieren und die noch schlimmeren Wohnungsverhältnisse in den Gängevierteln nach dem Ersten Weltkrieg führten zur Gründung von gemeinnützigen Baugenossenschaften in Hamburg durch den damaligen Deutschen Gewerkschaftsbund, den Freien Angestelltenbund und den Bauhüttenverband Nord.
Gesunde Wohnungen in der Nähe der Arbeitsplätze zu erschwinglichen Mieten – das war der Auftrag der Gewerkschaften, den sie ihrer Genossenschaft mit auf den Weg gegeben hatten.
Wir trauern um die Redaktionsmitglieder, die uns für immer verlassen haben.
Unsere Ziele sind relativ schnell formuliert. Wir wollen einen Beitrag zu lebendiger Erinnerungskultur leisten, indem wir individuelle Geschichten und Erfahrungen einer breiten Masse zugänglich machen. Ebenso fördern wir mit unserem Projekt auf unterschiedlichen Ebenen den Austausch zwischen verschiedenen Generationen, die viel voneinander lernen können