Interview mit meinem Vater Peter-Paul Erichsen Cousin
geb. am 05.12.1941 in Eckernförde
Wie hast du den Krieg erlebt?
Ich erinnere mich nur an die permanenten Luftangriffe und die Geräusche der FLAK. Ich habe fast genau so viel Zeit im Keller verbracht wie draußen oder im Haus. Selbst meine Geburt fand im Keller statt.
Welche Auswirkungen hatte der Krieg auf deine Familie?
Mein Vater, der Ernährer der Familie, ist im Krieg gefallen. Somit musste meine Mutter meine Schwester und mich alleine ernähren. An mehr kann ich mich nicht erinnern.
Wie muss man sich einen solchen Verlust vorstellen, wie wurdet ihr benachrichtigt und wie wurde sich um euch gekümmert?
Benachrichtigt wurden wir per Feldpost vom Oberstabs- und Chefarzt.
(Er steht auf, um Unterlagen zu holen und macht eine Kopie des Originalschriftstückes aus dem Krieg)
Vom Staat wurde uns daraufhin unser Ehestandsdarlehen erlassen und wir Kinder bekamen Halbwaisenrente.
Unterstützte dein Vater überhaupt die Ideologie, die Hitler vertrat?
Überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Er war weder in der Partei noch in einer ihrer Organisationen. Das war auch der Grund, warum er sich mit seinem Bruder zerstritten hatte, denn der wollte ihn immer dazu bewegen, der NSDAP beizutreten.
Wann wurde Eckernförde befreit und durch wen?
Im April haben die Eckernförder auf Anraten meines Großvaters Paul Freese und einigen anderen verantwortungsbewussten Regimegegnern kampflos aufgegeben und die Briten besetzten die Stadt.
Wie war der Alltag unter der Besatzung ?
Die Briten waren sehr human und umgänglich. Natürlich haben sie die Eckernförder entnazifiziert und einige von ihnen vor Gericht gebracht. Mein Opa wurde im Zuge dessen als Zeuge im Prozess gegen Herrn Brenner, Ortsgruppenleiter in Eckernförde, vor dem Nürnberger Gericht angehört.
Wie hat die Bevölkerung die Besatzung aufgefasst? War es tatsächlich so schön, wie es in amerikanische Filmen beschrieben wurde?
Nein, sicherlich waren die Briten loyal gegenüber der Bevölkerung. In Einzelfällen wurden sie von Deutschen provoziert und haben sich dagegen verteidigt. Auch haben sie Eckernförde und seine Einwohner vor Übergriffen der polnischen Kriegsgefangenen beschützt. Bis 1950 haben uns die Briten zusätzlich in der Schule mit Lebensmitteln versorgt. Sie waren nicht gegen uns, aber auch nicht die Befreier, wie in Filmen dargestellt.
Wie muss man sich diese polnischen Übergriffe vorstellen?
Die Polen, die als Kriegsgefangene in Eckernförde festgehalten wurden, maßen sich an, alles an sich zu nehmen, was sie vorfanden. Das haben die Briten unterbunden.
Hatte Eckernförde im Krieg eine spezielle Bedeutung und wenn ja, hatte diese auch noch nach dem Krieg Folgen?
Ja, Eckernförde war maßgeblich an der Entwicklung und Produktion von U-Boot-Torpedos beteiligt, insbesondere der Entwicklung des Elektro-Torpedos.
Die Folge davon war, dass die Maschinen der gesamten Anlagen zur Erprobung und Produktion in den Jahren 1948/49 demontiert wurden und dann nach Russland und England verschifft wurden.
Nach der Demontage wurden die verbliebenen Anlagen von den Briten komplett gesprengt.
Wie hast du diese Sprengungen miterlebt?
Die haben wir Kinder und Erwachsene aus sicherer Entfernung, aber gut sichtbar beobachtet. Manche Sprengungen haben den gewünschten Effekt nicht erzielt, was uns Zuschauer in schallendes Gelächter ausbrechen ließ.
Beispielsweise der Entlüftungsturm für die unterirdischen Bunker der Anlage, obwohl eine riesige Menge Sprengstoff eingebracht worden war, fiel er erst beim dritten Versuch um. Daraufhin haben wir, wie schon gesagt, laut gelacht und geklatscht.
Wann kehrte wieder Normalität ein und wie fand der Abzug der Briten statt?
Normalität herrschte schon während der Besatzungszeit. Was den Abzug angeht, bin ich mir nicht ganz sicher, es muss etwa 1950 gewesen sein, als sich die Briten nach Schleswig zurückzogen.
Gibt es sonst noch etwas Wissenswertes aus der Zeit in Eckernförde?
Nachdem die Briten die gesamten Torpedo-Anlagen gesprengt hatten, haben die Deutschen sie nach der Wiederbewaffnung 1955 wieder aufgebaut. Das war eine jahrelange Arbeit, die man sich sicher hätte sparen können.
Kopie des Totenscheins von Johannes Erichsen sowie Traueranzeige in der Eckernförder Zeitung (unten)
Von Thüringen nach Schleswig-Holstein. Vom Fahnenschmied zum Rohrmeister. Ein Lebensweg, geprägt durch die Arbeit mit Wasser, belegt durch Dokumente von beeindruckender Einfachheit. Eine Zeitreise von 1881 bis 1954.
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