Wie stellte sich für Sie zu Beginn des Krieges Ihre private Situation dar?
Ich war achteinhalb Jahre alt und ging in die 3. Klasse der Grundschule. Wir lebten in Berlin, im Westen Berlins, und ich war die Jüngste von drei Kindern, hatte also zwei ältere Geschwister. Mein Vater war beruflich viel unterwegs, meine Mutter war zu Hause.
Was waren die ersten Anzeichen dafür, dass der Krieg begonnen hatte?
Daran kann ich mich noch ganz genau erinnern. Das war ein wunderschöner Tag, an dem die ganze Familie um den Esstisch saß. Wir hatten das Radio eingeschaltet und plötzlich kam eine Sondermeldung, in der hörte man die Stimme des Führers, wie Adolf Hitler damals genannt wurde. Er verkündete, „ab 04:45 Uhr befinden wir uns im Krieg mit Polen“ und „es wird zurückgeschossen“. Das war dann von einer Minute zur anderen der Beginn eines Krieges, der fünfeinhalb Jahre dauern sollte, Millionen von Menschenleben kostete und schreckliche Zerstörungen anrichtete.
Hat sich die Lebenslage verändert; und mussten Sie auf irgendwelche Dinge im Krieg verzichten?
Zum Anfang haben wir da eigentlich keine Veränderung verspürt. Es schien alles normal weiterzulaufen. Versorgungseinschränkungen gab es. Die ersten Lebensmittelkarten wurden ausgegeben für rationierte Waren. Meine Familie selber hatte noch keine Not gelitten.
Inwiefern hat sich ihr Schulleben verändert?
Das Schulleben sollte ja nun noch eineinhalb Jahre in der Grundschule weiter gehen, in dieser Zeit hatten wir eine ältere Lehrerin, die uns eigentlich vor Nazi-Parolen bewahrte. Es wurde allerdings morgens mit dem Deutschen Gruß, also das Heben des rechten Armes begonnen, und danach wurde ein Lied gesungen. Das war aber oftmals ein altes deutsches Volkslied.
Waren sie auch von der Evakuierung zu der Zeit betroffen?
Zu dieser Zeit noch nicht, wir ahnten noch gar nicht, was auf uns zukommen sollte. Die Evakuierung bedeutete ja, dass alle Kinder wegen der Luftangriffe die Stadt Berlin verlassen mussten. Daran dachte man am Anfang des Krieges noch nicht. Das begann dann 1942 und die Anzahl der Angriffe steigerten sich bis mehrmals in der Woche. In der Nacht kamen die Flieger der Alliierten und bombardierten die Stadt als Rache dafür, dass wir ja Bomben-Angriffe auf England geflogen hatten und dort Zerstörungen angerichtet hatten. Erst danach – 1943 es ist inzwischen – wurde die Evakuierung beschlossen; also eigentlich die Entleerung der Stadt von Kindern.
Das geschah schulweise. Unsere Schule bekam ein festes Datum zugewiesen. Das war Mai 1943.
Wir mussten uns dann an einem bestimmten Bahnhof einfinden, und hunderte und aberhunderte von Kindern, meistens von ihren Müttern begleitet, da die Väter noch im Krieg, warteten auf den Zug, der uns nach Usedom, also rauf an die Ostseeküste transportieren sollte. Das ging gar nicht so schnell, weil in der Nacht zuvor ein Angriff stattgefunden hatte, so dass die Züge große Umwege fahren mussten, bis sie in unseren Bahnhof einlaufen konnten, der zum Glück nicht getroffen war.
Wir sind dann tatsächlich heil aus der Stadt herausgekommen und haben dann die Evakuierung mehre Monate lang in Bansin, auf der Insel Usedom, verbracht.
Haben Sie in der Zeit auch was von den Juden -Verfolgungen mitbekommen?
Nein, gar nichts, dazu waren wir wahrscheinlich zu jung. Es war bei mir in der Familie üblich, dass wenn mein Vater von den Geschäftsreisen nach Hause kam, er oftmals nicht wünschte, dass wir Kinder mit dabei saßen, wenn er sich mit meiner Mutter unterhalten wollte. Es fand also ein gewisse Teilung innerhalb der Familie statt, während die Eltern über Dinge sprachen, von denen sie wollten, dass wir Kinder sie nicht mitanhören. Ich nehme das an, denn ich konnte meinen Vater später ja nicht mehr dazu befragen, weil er Ende 1944 verstorben ist.
Ich nehme an, dass viele Deutsche das mehr ahnten als dass sie es genau wussten, weil plötzlich Nachbarn fehlten, weil Ärzte nicht mehr praktizierten, oder Kollegen nicht mehr zur Arbeit erschienen waren.
Wie weit hat Hitler durch seine Reden und Ansprachen Einfluss auf die Gesellschaft genommen?
Nun, das war natürlich enorm. Wir Kinder sind uns dessen gar nicht so bewusst geworden, es geschah aber, dass die Schulbücher mit ihren Inhalten doch ziemlich auf die nationalsozialistische Weltanschauung abgestimmt waren. Es war z.B. ganz wichtig gewesen, dass alle möglichen Erfindungen von Deutschen getätigt worden waren. Es wurde außerdem immer wieder im Geschichtsunterricht betont, dass das Ende des 1. Weltkrieges eine ungerechte Kriegsfolge oder Friedensfolge für uns Deutsche mit sich gebracht hatte. Es wurde glattweg bestritten, dass Deutschland allein der Schuldige am Beginn des 1.Weltkrieges war.
Was war ihr schlimmstes und prägnantestes Erlebnis vom Krieg?
Das war, als mein Vater mit mir nach einem der Luftangriffe in die Stadt fuhr, um zu sehen, ob seine Firma überhaupt noch stand und nicht den Bomben zum Opfer gefallen war. Wir sind mit der S-Bahn gar nicht bis in die Stadtmitte gelangt, wegen der Zerstörrungen. So machten wir uns zu Fuß auf den Weg.
Schon auf diesem Weg kamen wir kaum voran beziehungsweise wurden von der Feuerwehr aufgefordert umzukehren, da rechts und links die Häuser brannten und Trümmer von einem zerbombten Haus auf der Straße lagen.
Vor lauter Qualm konnten wir kaum atmen, und mein Vater, der mich fest an der Hand hielt, beschloss kehrtzumachen. Weinende Frauen und Kinder irrten herum. Mein Vater half noch einer Frau, die sich bemühte, aus ihrer Parterrewohnung ein Möbelstück herauszuschaffen. Ich begann zu weinen und war froh, als mein Vater wieder in Richtung S-Bahn ging. Er tröstete mich damit, dass wir jetzt gleich nach Hause fahren würden.
„Kriegskind bezeichnet ein Kind, das in wichtigen Lebensbereichen […] durch Krieg und Kriegsverfolgung geprägt, beeinträchtigt oder gar beschädigt wurde. […]“
Eine Definition zu diesem Begriff scheint leicht und schnell gemacht zu sein, doch wie ist es wirklich, als „Kriegskind“ mitten in Hamburg geboren und aufgewachsen zu sein?
Genau diese Frage habe ich mir gestellt und habe Antworten bei meiner Großmutter gefunden. Diese wurde am 12. Dezember 1941 in Hamburg geboren und wuchs dort auf.
Obwohl sie zum Kriegsende noch sehr jung war, konnte sie mir viel aus Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern und von ihren eigenen Erfahrungen in der Nachkriegszeit berichten.
Ich rannte und rannte, so schnell ich konnte, und hatte furchtbare Angst. Ich konnte alles sehen: Wie die Bomben vom Himmel fielen und in die Häuser einschlugen. Ich konnte die Explosionen sehen und den ganzen Rauch, der zum Himmel stieg.
Der Islam ist ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens, eine Art Rahmen, innerhalb dessen ich mein Leben gestalte und ausrichte. Abgesehen von den Ritualen und Richtlinien, die mir eine Struktur geben und mich Gott und auch mir selbst näher bringen, liebe ich zum Beispiel den Ramadan
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