26.04.2021

Geht doch! Heute haben wir, die 13.3, das Profil “Lauter sein?!” der GSB, ein Zeitzeugengespräch mit der 96 Jahre alten Esther Bejarano, einer deutsch-jüdischen Überlebenden des KZ Auschwitz-Birkenau, die im Mädchenorchester von Auschwitz spielte, geführt.

 

Allerdings lief dieses Gespräch ganz anders ab, als man sich sonst ein Zeitzeugengespräch vorstellt. Wir haben Esther Bejarano nicht in Präsenz getroffen, sondern digital über ein Meeting bei Teams, denn wir leben zur Zeit einer Pandemie. Corona beherrscht unseren Schulalltag und wir sind froh, dass wir gerade im Wechselunterricht zur Hälfte in der Klasse sitzen dürfen, während die andere Hälfte online dabei ist.

 

Dieses Gespräch stellte uns allerdings zunächst vor technische Herausforderungen, bevor wir inhaltlich mit Esther Bejarano ins Gespräch kommen konnten. Es galt ein Onlinesetting zu schaffen, zu welchem wir Frau Bejarano per Festnetzanruf einladen konnten. Frau Reimers erzählte uns, dass uns hierbei Frederik Franzke und Martin Behn von Advia geholfen haben, denn unsere Programmlizenzen geben das nicht so einfach her. Aber mit deren Hilfe war es heute ganz einfach: Wir haben Frau Bejarano angerufen und sie war da, mit heller, klarer und deutlicher Stimme. Aber nicht nur Frau Bejarano war in unserem Meeting. Einige andere Schüler:innen der Klassen 7 – Klasse 13 haben von dem Meeting erfahren und haben sich mit eingewählt, so dass schließlich fast fünfzig Personen an dieser Veranstaltung teilgenommen haben – alles digital und es war großartig!

 

Frau Bejarano hat sehr persönlich und fast bildlich von ihren Erfahrungen in Ausschwitz und aber auch danach in einer jungen BRD erzählt. Zu den berührendsten Momenten zählte sicherlich die Schilderung, wie das Mädchenorchester musizieren musste, wenn die Sonderzüge in Ausschwitz eintrafen, um die Menschen zu vergasen. Während die Menschen wegen der schönen Musik den Mädchen freundlich grüßten, haben diese weinend musiziert, denn hinter ihnen standen die Soldaten mit den Gewehren im Anschlag. „Hätten wir nicht gespielt, hätten uns die Soldaten sofort erschossen. Und so haben wir gespielt und wussten, diese Menschenfahren in ihren Tod“, so Frau Bejarano. Aber auch später, als sie aus Israel zurück wieder in Deutschland lebte, war nicht alles vorbei. Durch ihren Aufenthalt in Ausschwitz hatte sie auf dem linken Arm ihre Kennung tätowiert. Eine Nummer, die jeder Insasse, jede Insassin in Ausschwitz zur Registrierung erhielt. Im Deutschland der sechziger/siebziger Jahre fuhr sie einmal Straßenbahn, wobei ein Mann die Nummer sah und Frau Bejarano danach fragte. Ein zweiter mischte sich ein und meinte, dass sie halt ein leichtes Mädchen sei und deshalb gleich ihre Nummer auf die Haut tätowiert hätte – diese Männer wussten offensichtlich nichts über die Machenschaften des NS Regimes. Diese und einige andere Erlebnisse führten dazu, dass Frau Bejarano begann mit Musik und Zeitzeugengeprächen gegen das Vergessen des Holocausts und gegen den Rechtsextremismus in Deutschland anzutreten.

 

Seit über 50 Jahren spricht sie mit Schüler:innen und weiteren Menschen über ihre Geschichte, die Geschichte des Nationalsozialismus und die schrecklichen Ereignisse dieser Zeit. Mit ihren 96 Jahren war Esther Bejarano angenehm überrascht, wie leicht sie in unserem Meeting via Teams mit so vielen Menschen ins Gesprächs kommen konnte, leicht verschmitzt meinte sie nur, dass ihr hier sicherlich ihre Stimm- und Gesangsausbildung geholfen habe, um im Gespräch übers Internet eine klare und verständliche Sprache für alle zu haben. Eine besondere Herausforderung ist derzeit die Coronapandemie, die uns in eine besondere Unterrichtssituation bringt: Denn in Präsenz sind nur immer ca. 10 Schüler:innen, während alle andere in Hybrid (digital) dabei sind. Zum einen ist diese Situation befremdlich, zum anderen eröffnet dies uns aber auch digitale Möglichkeiten, die wir als Schule grade erobern – zum Beispiel direkt mit einer Zeitzeugin über die geschichtlichen Ereignisse hautnah sprechen zu können.

 

Als Schule stehen wir dabei immer wieder vor der Herausforderung technische Hürden überwinden zu müssen. Das obige Beispiel belegt, wie die Zusammenarbeit mit Partnern wie Advia schulische Arbeit in der gezeigten Form realisiert. Wenn Technik und IT uns ermöglichen in Kollaboration gemeinsam Inhalte voranzubringen, wird die neue Technologie nicht zum Selbstzweck, sondern der Mensch steht im Fokus.